Andreas F. Cornelius
Veltenhöfer spricht ab fünf
Roman
Der Autor
Andreas F. Cornelius
Privat: Cornelius wurde 1946 in Gerolstein geboren. Er lebte lange Zeit in Saarbrücken, seit 1991 wohnt er in Eppelheim bei Heidelberg. Bis 2010 war er Sachgebietsleiter im medizinischen Einkauf des Universitätsklinikums Heidelberg. Er ist verheiratet mit Anna; ihre gemeinsame Tochter Vera leitete zehn Jahre lang als Geschäftsführerin das Heidelberger Stadtmarketing. In den 70er und 80er-Jahre war Cornelius zudem ein renommierter Rock- und Jazz Schlagzeuger, der in verschiedenen Formationen spielte. Desgleichen arbeitete er fotografisch und schuf ein außergewöhnliches Foto-Text-Projekt. Einige seiner Werke fanden Anerkennung in Publikationen und Ausstellungen.
Veltenhöfer spricht ab fünf
Der Roman
Veltenhöfer spricht ab fünf
Im März 2020 wurde der Roman Veltenhöfer spricht ab fünf von Andreas F. Cornelius vom Leipziger Literaturverlag veröffentlicht. Die offizielle Vorstellung sowie die ersten Präsentationen fanden in Leipzig statt.
Der Roman Veltenhöfer spricht ab fünf handelt von dem 84-jährigen Heidelberger Professor Veltenhöfer, einem ehemaligen Verhaltensforscher, der nunmehr täglich bis zu elf Stunden auf Bänken sitzt und das Leben sowie die vorübereilenden Menschen auf seine eigene, höchst ausgeklügelte Methode studiert.
Professor Veltenhöfer geht den Dingen auf den Grund. Wenn er spricht, dann frei von der Leber und ohne Schonung, wohl aber mit subtiler Ironie und dem Enthusiasmus des Forschers. Die Geschichte mit der Vorkriegspistole erzählt er nur bestimmten Menschen.
Es ist der 02. Oktober 2009 und früher Nachmittag. Veltenhöfer sitzt auf einer Parkbank nahe der Heidelberger Stadtbücherei. Ein zweiter Mann, wesentlich jünger, gesellt sich dazu. Und somit beginnt très vite sozusagen eine einzigartige Tour ins Leben: pfeilgerade, von Null auf Hundert und gleichwohl illustrativ als auch spekulativ. Des Professors Weitsicht, sein skurriler Humor und seine ingeniösen Denkmodelle sind einzigartig. Und so steigert sich Veltenhöfer schon nach den ersten Sätzen in eine monodialogische Explikation, die nicht aufzuhören scheint und dennoch recht abrupt endet. Veltenhöfer bemerkt etwas, was sonst niemand bemerkt. Und das verwirrt ihn reichlich. Er wird reagieren müssen.
Wer ist dieser Mensch? Ein Irrer? Ein Philosoph ersten Ranges, ein zu Gewalt neigender Einzelgänger oder nur ein einsamer, alter Mann auf der Suche nach ein wenig Zuspruch und Liebe?
Leipziger Literaturverlag – ISBN 978 3 86660 258 8
202 Seiten, 9,95 €
Auch als e-Book erhältlich.
Leseprobe
(1)
(2)
Aber nicht bloß der Mensch scheidet unaufhörlich aus, sondern auch seine Hunde, Katzen und Kanarienvögel. Und dann noch das andere Getier: Hirschkäfer, Tauben, Ameisen, Grizzlybären und Bachforellen. Groß oder klein, sie müssen alle.
Wie viel, glauben Sie, ich drücke es des grässlichen Umstandes wegen etwas drastisch aus, wird jeden Tag in die Welt geschissen?
(3)
Wer sich nicht an die Spielregeln hält, zieht den Kürzeren. Ganz wie in der Natur, nach der ich mich richte.
Ein Mensch, der einen anderen überfällt, ist kein Bussard, der die Feldmaus jagt. Ergo hat er mit der Gegenwehr des Angegriffenen zu rechnen.
(4)
Wissen Sie, ich nehme nicht bloß meinesgleichen in Augenschein, also die Ausgedienten, wie es heißt, nein, ich beobachte auch die vielen Studenten und Bürokraten, ebenso alle Bäckereiverkäuferinnen, Hausmeister und Briefträger, freilich auch Advokaten, Bauarbeiter, Stricher und Kammerjäger; im Grunde alle, die an mir vorübergehen.
Manchmal kommen Schwimmlehrerinnen vorbei. Allein am Gang erkenne ich sie. Schwimmlehrerinnen bewegen sich wie sonst niemand. Sie atmen intensiver und bewusster und gehen dadurch anders als andere Frauen.
(5)
Wie denn und wodurch denn auch?
Und dennoch denken wir, die Wahrheit gepachtet zu haben. Dabei ist unser Denken kaum mehr als Flickschusterei. Wir nehmen von dem etwas, fügen etwas anderes hinzu, würzen das Ganze mit irgendwelchen Trivialitäten, rhetorisch aufgeplustert, streuen einige Zitatenschätze darunter und schon betrachten wir uns als Geistesgrößen.
(6)
Allein wie sich jener unterdessen am Tisch benimmt, auch im Beisein dritter gehen lässt und in den Ohren bohrt. Auch welch schäbige Unterwäsche er nunmehr trägt und wie aufgedunsen und ungepflegt er durch die Räume schlurft. Ja, dass man es geradezu als widerwärtig empfindet, von ihm, dem Menschen, den man dereinst schätzte und törichterweise sogar zu lieben glaubte, in der Öffentlichkeit begleitet zu werden, und sei es bloß auf dem Weg zur Garage oder dem Bäcker zwei Straßen weiter.
(7)
Hitler und seine Gefolgsleute waren keine Kranken, sondern Verbrecher und Unmenschen. Und keine Verhaltensforschungstheorie lässt sich für jene Untaten, jenen Völkermord missbrauchen. Wäre es so, würfe ich meine Professur in den Neckar und spränge hinterher.
(8)
Meine Schwestern und zwar die eine wie die andere sind der Beweis dieser Theorie. Von Kind an niederträchtig, von klein auf falsch und hundsgemein. Ich glaube, es liegt daran, dass sie nicht verheiratet sind, keine Männer abbekommen haben. Und so sind die närrischen Hühner ausgetrocknet, innerlich und äußerlich zusammengeschrumpft; verdorrt ohne je zu blühen.
Und wissen Sie, was die hutzligen Hyänen tagaus, tagein so treiben?
Ich sage es Ihnen: Die beiden verfluchen die Männer, wo und wann sie können. Sie verdammen aber auch jede Frau, die einen Mann an ihrer Seite hat, selbst wenn die meisten von diesen wiederum Alkoholiker sind oder impotent oder schwerhörig, oft alles zusammen, wie allgemein bekannt.
Auf jeden Fall schimpfen sie über jedermann und jedes, auch über mich, obwohl sie es still und leise tun, also hinterrücks, doch sofort nachdem ich die Haustür nach einem meiner seltenen Besuche hinter mir geschlossen habe.
Meine Ohren sind noch leidlich wohlauf, wissen Sie. Und folglich höre ich das boshafte Gezischel dieser Schlangen. Die beiden wohnen noch immer zusammen und das ist des Übels Steigerung. Als Kind zusammen, als Teenager zusammen, wiewohl sie niemals wirklich Teenager gewesen sind, jedenfalls stets zusammen: als junge, alte und nunmehr ganz alte und vergrämte Frauen; will sagen Furien. Ein Elend, sage ich Ihnen.
Ich selbst war nie verheiratet, nicht einmal verlobt, gleichwohl verliebt, allerdings nur vier oder fünf Mal und zwar geraume Zeit, bevor ich Professor wurde.
Ich mag Frauen durchaus, nicht indes das Fleischliche, eben das, was man gewöhnlich mit Frauen macht, wenn man sozusagen den Bund der Ehe schließt. Tatsache ist, dass mich das Fleischliche ekelt, seit ich es bei Tieren in Augenschein nahm, also sowohl die Gewalt des Eindringens als auch die Bereitschaft, in sich eindringen zu lassen. Und ein Beischlaf, wie er bei den meisten heißt, ist nun einmal nichts anderes als ein ungeschöntes Eindringen: die Taube gebückt im Geäst, der Täuberich, mit den Flügeln schlagend über ihr und auf das Rücksichtsloseste in sie eindringend. Eine gewaltsame Penetration, unbestritten.
Das Beobachten solcher Handlungen habe ich dann mehr und mehr gemieden. Wenn es in den Kastanienbäumen zur Paarung kam, nahm ich meinen Gehstock und ging stadteinwärts zu einer anderen Bank, einer Bank, die fernab von Bäumen stand.
(9)
(10)
Ich habe, da bekanntermaßen ohne Gattin, zumeist alleine getanzt. Wenn mir danach war, legte ich eine Led Zeppelin oder Van Halen Platte auf und tanzte, vielmehr wirbelte regelrecht in meinem Wohnzimmer umher.
Ich brauchte auf niemanden Rücksicht zu nehmen, da unter mir nur Keller sind und über mir die Arztpraxen, also abends keiner mehr im Haus, den ich hätte stören können. Am liebsten tanzte ich zu Jump von Van Halen, Good Times Bad Times von Led Zeppelin und Lazy Sunday von den Small Faces; Good Times Bad Times, Jump und Lazy Sunday sind im Laufe der Zeit zu meinen persönlichen Tanzliedern geworden. Heute tanze ich nicht mehr, wohingegen ich diese Songs noch regelmäßig höre. Ich stelle mir dann dabei vor, dass ich tanze und das genügt mir. Meine Füße wippen noch immer, wenn ich die harten Scheiben auflege.
Es gibt übrigens keine brauchbare Studie, die belegt, weswegen der eine dieser Musik, der andere jener zugetan ist. Auch die Soziologen brachten diesbezüglich keine mich überzeugenden Ergebnisse.
Die Verhaltensforschung, wissen Sie, steckt noch immer in den Kinderschuhen. Der Schnelllebigkeit wegen hinken wir Verhaltensforscher der Entwicklung hinterher. Haben wir endlich ein Ergebnis parat, wird es anderntags durch die rapid sich wechselnden Umstände bereits infrage gestellt. Kaum halten wir ein Resultat in den Händen, wird es uns auch schon entrissen. Jeden Tag dasselbe Spiel.
Sehen Sie, ein Tier braucht sich darum nicht zu sorgen. Die Ameise kommt, lebt, stirbt und basta. Es ist die Vielfalt, die uns verzweifeln lässt, obgleich gerade die Vielfalt beispiellos faszinierend ist. Gäbe es bloß Schwimmlehrerinnen und Professoren, es wäre zum Sterben langweilig. Es wäre darüber hinaus auch artifiziell und in höchstem Maße traurig. Und ich, der die Vielfalt braucht wie die Schmeißfliege den Pferdeapfel, wäre der traurigste der Traurigen.
Verstehen Sie mich?
(11)
Permanent die Schwachen zu stärken, erweist sich überwiegend als Trugschluss, denn haben wir die Schwachen groß gefüttert, fressen sie uns. Dann staunen wir und sind entsetzt über derart Undankbares und so viel Grausamkeit. Und was tun wir dann?
Wir beklagen das Fehlen christlicher Werte, die es in Wahrheit ohnehin nicht gibt, denn sie wird bloß in unseren Köpfen zusammengesponnen. Auf keinem Platz der Erde gibt es so etwas wie eine konstante, absolut gültige Moral, denn in der Natur überlebt der Starke, nicht der Moralist. Die Natur zeigt letztlich allen Predigern die Schranken. Ist ein Sturm bloß stark genug, so fallen auch die Dome.
Haben Sie einmal bemerkt, wie verwundert manche Menschen sind, wenn sie von einst als harmlos eingestuften Artgenossen angefallen werden?
Man erträgt nur schwer, von genau jenen verhöhnt und missachtet zu werden, die man einst zu Tische bat. Und manch einer erfährt noch weitaus andere Unannehmlichkeiten, denn es geht in einigen Fällen bis hin zur körperlichen Gewalt und dem Rausschmiss aus den eignen vier Wänden. Ein trauriger Umstand.
Der Verlag
Der Leipziger Literaturverlag wurde vor über 20 Jahren gegründet und ist erfahrener Partner für nationale und internationale Literatur- und Kunstprojekte. Er hat zahlreiche renommierte Autorinnen und Autoren unter Vertrag, viele Preisträger.
Auf der Website des Verlags wird hervorgehoben, dass er sich als Ort für Begegnungen und Grenzüberschreitungen versteht. Zu seinem Programm gehören deshalb auch Literaturen von den Rändern Europas, die in den Buchhandlungsketten leider oft zu wenig repräsentiert werden. Dialog ist das Arbeitsprinzip des Verlags. Etwa die Hälfte seiner Produktion beschäftigt sich mit fremdsprachiger Literatur, oft in zweisprachigen Ausgaben, z.B. aus Litauen, Polen, Russland, aber auch Frankreich, Portugal, Amerika und Asien. Letztlich geht es um die Einheit von Leben und Schreiben: „Leben, wie Schreiben, ist auch dies: einen Raum zu schaffen für die erratischen Bewegungen der Seele.“ (Yvette Centeno) – dieser Raum ist der Verlag.“
Verkaufsstellen
Der Roman ist direkt beim Leipziger Literaturverlag erhältlich – versandkostenfrei.
Er ist auch als e-Book bestellbar.
Leipziger Literaturverlag – ISBN 978 3 86660 258 8, 202 Seiten,
9,95 €
Die dritte Möglichkeit sind bekannte Online-Portale wie Amazon, booklooker, Lehmanns, OSIANDER, bib-buchhandlung und im Webshop des lokalen abcverlags in Heidelberg
Er ist auch als e-Book bestellbar.
Leipziger Literaturverlag – ISBN 978 3 86660 258 8, 202 Seiten,
19,95 €
Die dritte Möglichkeit sind bekannte Online-Portale wie Amazon oder der gut sortierte Webshop des lokalen abcverlags in Heidelberg.
Impressionen
Beim Lesen 1
Im Gespräch mit Brad Mehldau
Selbstportrait in jungen Jahren
Theaterstück Hitzelberger
Mit Anna
Sujet 18 – Objekt aus ZeitWorte Ausstellung
Sujet 1 – Ruhe aus ZeitWorte Ausstellung
Beim Lesen 2
Internationales Theaterfestival Monte Carlo
Fotografie, dem Künstler Helmut Butzbach gewidmet
Mit Mark Waschke nach einem Auftritt in Worms
Mit Bürgermeister Wolfgang Erichson
Foto-Text-Ausstellung ZeitWorte von A.F. Cornelius
Sujet 52 – Destination aus ZeitWorte Ausstellung
Sujet 45 – Konfusion aus ZeitWorte Ausstellung
Am Schlagzeug
Beim Lesen 1
Im Gespräch mit Brad Mehldau
Internationales Theaterfestival Monte Carlo
Selbstportrait in jungen Jahren
Fotografie, dem Künstler Helmut Butzbach gewidmet
Theaterstück Hitzelberger
Mit Mark Waschke nach einem Auftritt in Worms
Mit Anna
Mit Bürgermeister Wolfgang Erichson
Foto-Text-Ausstellung ZeitWorte von A.F. Cornelius
Sujet 1 – Ruhe aus ZeitWorte Ausstellung
Sujet 18 – Objekt aus ZeitWorte Ausstellung
Sujet 52 – Destination aus ZeitWorte Ausstellung
Sujet 45 – Konfusion aus ZeitWorte Ausstellung
Am Schlagzeug
Beim Lesen 2
Lesungen
Der Autor ist unter der folgenden Mailadresse erreichbar und freut sich über Ihre Kontaktaufnahme, z.B. bezüglich Anfragen für Lesungen.
2024
05. Dezember, 19 Uhr
Ehemalige Synagoge Hemsbach
Mittelgasse 16
69502 Hemsbach
Ein Abend der Worte und der Bilder
An diesem Abend haben Sie zudem die Gelegenheit, sich von einer Welt der bildgewordenen Begriffe inspirieren zu lassen. Dabei können Sie Ihre eigenen Vorstellungen von Sprache sowie den damit verknüpften Bildern mit den Werken des Autors und Konzeptkünstlers Cornelius vergleichen. Ausgestellt sind 52 Foto-Textkompositionen.
31. Oktober, 19 Uhr
VHS Schwetzingen
Mannheimer Str. 29
Schwetzingen
16. Mai, 19 Uhr
+punkt.
Im Neuenheimer Feld 130.2
Marsilius Arkaden
(Campus Heidelberger Klinik)
Heidelberg
2023
20. April 2023, 19 Uhr
Verein Alt Heidelberg
Im Amtsstübel
Kettengasse 25
Heidelberg
2022
2. Juni 2022
Stadtbibliothek Eppelheim
Jahnstraße 1
Eppelheim
7. April 2022
Der Bücherbüffet-Laden
Kaiserstraße 58-60
Karlsruhe
13. Januar 2022
Der Bücherbüffet-Laden
Kaiserstraße 58-60
Karlsruhe
Diese Lesung fand virtuell statt.
Link zum Kurzinterview
Link zur Lesung
Link zum Special „Bücher & Lesen“
2020
20. Juni 2020
Galerie Stil-Echt
Ladenburger Straße 26
Heidelberg
14. Februar 2020
Leipziger Literaturverlag
Brockhausstraße 56
Leipzig
13. Februar 2020
Buchhandlung Hugendubel
Petersstraße 12-14
Leipzig
Kontakt
Vera Cornelius-Lambert Heidelberg Consult
0176 – 62881953
Neuenheimer Landstraße 3a
69120 Heidelberg